Todesurtheil und Hinrichtung des Räuberhauptmanns Schinderhannes welcher im 24sten Jahre seines Alters mit noch 19 seiner Kameraden am 20sten November 1803 zu Maynz ausser der Stadt durch die Guillotine hingerichtet worden ist Nebst Schinderhannes Abschieds-Lied
- Ballad Title
- Todesurtheil und Hinrichtung des Räuberhauptmanns Schinderhannes welcher im 24sten Jahre seines Alters mit noch 19 seiner Kameraden am 20sten November 1803 zu Maynz ausser der Stadt durch die Guillotine hingerichtet worden ist Nebst Schinderhannes Abschieds-Lied
- Indicated Tune
- Hartes Schicksal meiner Jahre etc.
- Ballad Location
- München, Bayerische Staatsbibliothek P.o.germ. 852 q-2,1/54#Beibd.53
- Background Information
- Account of the execution of the infamous outlaw Johannes Bückler aka Schinderhannes, and 19 of his fellow gang members in 1803.
- Event Date
- 20/11/1803
- Event Location
- Mainz, Germany
- Printing Date
- [ca. 1803]
- Printing Location
- Erlangen, Germany
- Printer Name
- Johann Jakob Lewerer
- Crime
- Robbery
- Gender of Accused
- Male
- Method of Punishment
- Guillotine
- Relevant Countries
- Germany
- Category
- Crime and Punishment Ballads
- Sub-Category
-
Execution Ballads
- Language
-
German Ballads
- Other Media
-
Transcript: Todesurtheil und Hinrichtung des Räuberhauptmanns Schinderhannes
TRANSCRIPT:
1. Gute Nacht! – lebt wohl! – ich ſcheide – gute Nacht
- ihr Menſchen all! – ſchaut mich nur recht an, denn
heute ſeht ihr mich zum letztenmal; laßt euch noch von
mir erzählen meinen kurzen Lebenslauf, prägt ihn tief
in eure Seelen, Jugend hör – und merk darauf:
2. Wahr ists, was von mir zu leſen: daß ich eines
Bauern Sohn von Saarbrücken bin geweſen; und dem
Vater lief davon. Wahr iſts: daß ich mich verdungen
zum Fallmeiſter in dem Land; daher auch der Nam“ ent-
ſprungen, daß man Schinderhanns mich nannt.
3. Wahr iſts: daß ich einer Bande Hauptmann und
Anführer war. Daß ich manchem in dem Lande plündert'
und ermordt ſogar, welches meiſt an reichen Leuten
und an Juden ich verübt. Darum ich den Tod muß
leiden, den man auch mit Recht mir giebt.
4. Zweimal iſt mirs zwar gelungen, daß ich mich aus
dem Arreſt losgemacht und bin entſprungen, doch zuletzt
hielt man mich feſt. Da mein Schwager mich verrathen,
daß ich Schinderhannesſey. Ich wurd darauf zum Sol-
daten, mich dadurch zu machen frey.
5. Bald drauf wurd durch die Franzoſen ich nach Mainz
geliefert gar. Da im Holzthurm ich geſchloſſen ſaß, bey-
nah ſechsviertel Jahr. Und nun naht die letzte Stunde
meines Lebens ſich heran; drum ſo hört aus meinem
Munde, meinen letzten Abſchied an.
6. Nehmt euch all an meinem Leben ein Exempel und
Beyſpiel. Wer dem Müſſiggang ergeben, nichtsarbeit,
noch lernen will; ach! ich ſag es unverholen, wollte
Gott, daß nicht ſo wär daß ich ſchon als Knab geſtolen
und es nicht konntlaſſen mehr.
7. Merkt dieß, junge Leut und Kinder! Rehmt
inchts, was nicht euch gehört; halt die Eltern und
nicht minder eure Lehrer hoch und werth. Laßt mit
wenig euch begnügen, geht zur Kirch uud Schule
gern; meidet ſchlechte Streich und Lügen; denn wer
lügt, der ſtiehlt auch gern.
8. Laſſet Geiz und Habſucht fahren; lebt keuſch, züchs
tig, fromm und rein. Laßt euch auch in ältern Jahren
nicht in böſe G'ſellſchaft ein; laßt zu etwas
brauchen, das zur böſen That verleit. Habt im Herzen
und vor Augen Gott, der richt es mit der Zeit.
9. Nichts half es mir, daß den Armen ich viel Guts
- erwieſen dort; weil ohn” Mitleid und Erbarmen ich ge-
raubek Und Ä Menſchen! wollt ihr Gutes üben,
. haßt das Böſe, was ihr thut, und thut Niemand nicht
betrüben, ſeys ein Chriſt gleich oder Jud. -
10. Drey und funfzig Haupt- Verbrechen, hab ich
- ſchuldig mich gemacht, die auf meinen Räuberwegen
seit vier Jahren ich vollbracht. Einbruch, Straſſen
äubereyen, nebſt drey Mordthat ich verübt. Weib
und Kinder mir nachſchreyen: Mörder ! uns haſt du
betrübt ! !
11. Gott! ich bin ein armer Sünder! war ein großer
Böſewicht. Ach! verfahr mit mir gelinder, geh nicht
mit mir ins Gericht. Lang thät mirs im Sinn ſchon
ſchweben, daß ich bin zum Tod beſtimmt; weil, wer
andern raubt ihr Leben, man mit Recht ſein Leben nimmt.
12. Jch geſteh frey und geduldigt Jch ſterb' nach
Gerechtigkeit; aber zehn ſind faſt unſchuldig, ihr Tod
rhut mir herzlich leid, weil ich ſie ſelbſt hab' verführet
unter meine Räuber - Schaar; ihr Tod iſt es der mich
rühret. – Gott, verzeih mir dies noch gar!
13. Lebt wohl, All, die ihr mich balde ſeht hinfüh-
ren zum Gericht. Ach! ich bitt euch, Jung und Al-
te, nehmt zu Herzen dies Gedicht. Fürchtet Gott
von eurer Jugend, arbeit gern mit eurer Hand, daß
ihr nie vom Weg der Tugend fallt in Laſter, Sünd
und Schand.
14. Gute Nacht, Kind und Geliebte! die auf ihrer
Jugendbahn ich verführt und jetzt betrübte. Ach, ver-
zeih, was ich gethan! Du warſt treu, doch falſch
dein Bruder, der mir Fall und Netz geſtellt; gute
Nacht, Vater und Mutter! ich geh in ein beſſre Welt.
15. Ruhig, froh, getroſt und heiter geh ich in die
Ewigkeit; springe von der Wagenleiter raſch und wil-
lig und bereit hin zu jener Mordmaſchine ohne Schrecken, Qual und Pein und ſterb durch die Guillotine.
Führ mich Gott zum Himmel ein!